Verstärkersystem mit extrem hoher Ausgangsleistung

Im Gespräch mit Philipp Neininger, Doktorand am Fraunhofer IAF

Forschende des Fraunhofer IAF haben einen neuartigen festkörperbasierten Leistungsverstärker (Solid State Power Amplifier – SSPA) entwickelt, der herkömmliche Röhrenverstärker ersetzen kann. Im Gegensatz zu herkömmlichen Leistungsverstärkern, die bei steigenden Frequenzen stark an Effizienz einbüßen, erzielen die von Philipp Neininger in seiner Promotion entwickelten Chips und der korrespondierende Power Combiner dank des innovativen Systementwurfs und Aufbaus extrem hohe Leistungen von über 100 W – und das bei Frequenzen von 28 – 38 GHz. In diesen Leistungs- und Effizienzklassen gibt es bisher keine vergleichbare Technologie, die diese Bandbreite erzielt. Die gesamte Wertschöpfungskette von der Epitaxie und Prozessierung der Wafer über den Entwurf bis zur Fertigung der Module für dieses System ist am Fraunhofer IAF angesiedelt.

Philipp Neininger
© Fraunhofer IAF
Philipp Neininger vereint in seiner Promotion und Forschung am Fraunhofer IAF Chipdesign mit Hochfrequenzelektronik.

Wie und wann bist du ans Fraunhofer IAF gekommen?

Im April 2016 habe ich ein Praktikum am Fraunhofer IAF angefangen, nachdem ich im Rahmen einer Vorlesung im Bereich Quanteneffekte und Halbleitertechnologien das Institut für eine Führung besuchen konnte, die mich sehr beeindruckt hat. Nach meiner Masterarbeit habe ich dann im Juni 2017 meine Promotion begonnen und bin seitdem am Fraunhofer IAF.

Was fasziniert dich denn am Chipdesign?

Chipdesgin finde ich schon lange sehr interessant und es war immer das Ziel für mich in diesem Bereich zu arbeiten. Besonders faszinierend finde ich, dass Chips sowohl auf der rein physikalischen Ebene so komplex sind als auch in ihrem Funktionspotential eine hohe Komplexität aufweisen. Es ist sehr spannend zu sehen, wie Chips in ihren Funktionen etwas machen, das man selbst erfunden hat.

In meiner jetzigen Arbeit verbinde ich Chipdesign mit Hochfrequenzelektronik. Das ist zwar sehr kompliziert, aber sogar noch spannender. In der Hochfrequenzelektronik liegt die Schwierigkeit nämlich unter anderem in der Signalführung. Bei extrem hohen Frequenzen ist es daher wichtig, sowohl den Aufbau als auch das Chipdesign zusammen zu planen und zu einem großen Ganzen zusammenzuführen.

Hat es dir in der Hinsicht geholfen, dass sowohl Aufbau als auch Design am Fraunhofer IAF stattfinden konnten?

Das war auf jeden Fall hilfreich. Dadurch, dass das Fraunhofer IAF eine enorme Fertigungstiefe ermöglicht, kann man bei uns individuell auf Anforderungen eingehen. Das ist die Grundlage dafür, dass wir Prototypen herstellen können, bei denen der Gesamtaufbau perfekt auf die Anforderungen abgestimmt ist. Daraus können dann Resultate entstehen, die neue Bestwerte im Stand der Technik setzen.  Die Zusammenarbeit mit Kolleg*innen aus dem Bereich der Hochfrequenzelektronik war dabei essenziell für meine Arbeit.

Was genau ist dein Promotionsprojekt?

Generell ging es darum, den Leistungsverlust in Leistungsverstärkern, der beispielsweise bei Signalübertragungen im Hochfrequenzbereich entsteht, zu umgehen. Dazu habe ich einen Verstärkersystem mit sehr hoher Ausgangsleistung für hohe breitbandige Frequenzen entwickelt. Bisher war es so, dass man bei höherwerdenden Frequenzen weniger Leistung generieren konnte, was die Effizienz von Leistungsverstärkern stark beeinträchtigt. Das Ziel meiner Arbeit war es, möglichst viele von den uns hergestellten Chips verlustarm zusammenzuführen und auf einen gemeinsamen Ausgang zu führen. Gleichzeitig sollte dieser Aufbau eine sehr große Bandbreite ermöglichen, was die Vielseitigkeit solcher Systeme erhöht und somit viele verschiedene Einsatzbereiche und höhere Datenraten bietet.

Was unser System von Herkömmlichen unterscheidet sind zum einen die Chips selbst, die für hohen Bandbreiten selbst sehr breitbandig sein müssen. Zum anderen muss der Power Combiner, der die Leistung zusammenführt, sowohl breitbandig als auch verlustarm sein. In diesen Leistungs- und Effizienzklassen gab es bisher weder Chips noch Power Combiner, die diese Bandbreite hatten. Das besondere an unserer Entwicklung war, dass wir sowohl eine sehr hohe Leistung (mit deutlich über 100 Watt) in diesem Frequenzbereich ermöglicht haben und dass wir gleichzeitig geschafft haben, dieses gesamte Band (von 28-38 Ghz) mit einer so hohen Leistung abzudecken. 

neuartiger festkörperbasierter Leistungsverstärker
© Fraunhofer IAF
Das Verstärkersystem nutzt 16 radial angeordnete Verstärker-Module und führt deren Ausgangsleistung mit einem Wirkungsgrad von 95 % zusammen. Das Gesamtsystem erreicht dadurch eine Leistung von bis zu 127 W und einen Gesamtwirkungsgrad von bis zu 23 %.

Was war bisher dein persönliches Highlight am Fraunhofer IAF?

Ich finde es toll, wie viel ich in so kurzer Zeit lernen konnte und dass mir die Möglichkeit gegeben war, mich schnell weiterzuentwickeln. Im Studium hatte ich den Schwerpunkt auf Mikro- und Nanoelektronik gelegt und musste mich im Hinblick auf die Arbeit in der Hochfrequenzelektronik neuorientieren. Dabei hat mir besonders geholfen, dass andere Mitarbeitende in diesem Bereich sehr offen waren und bereitwillig ihr Wissen und ihre Erfahrungen mit mir geteilt haben. Diese Hilfsbereitschaft und Offenheit zeichnet die Umgebung am Fraunhofer IAF auf jeden Fall aus. Ich würde aus dem Grund die Arbeit am IAF auch künftig Studierenden ans Herz legen, die nach der Uni einen interessanten Job suchen.

Wie geht es nach der Promotion für dich weiter?

Ich bleibe am Fraunhofer IAF und würde mich gerne in die Richtung Projektmanagement weiterentwickeln. Ich freue mich allerdings auch darauf, nach dem Schreiben der Dissertation wieder im Bereich Design etwas machen zu können.

Wie würdest du das Fraunhofer IAF in 3 Worten beschreiben?

»Pionierleistung«, »Nahbar«, »Abwechslungsreich«

 

Philipp Neininger hat seinen Bachelor und Master of Science in den Jahren 2014 und 2017 am Karlsruher Institut für Technologie absolviert. Zwischen 2017 und 2021 promovierte er am Fraunhofer IAF im Bereich Chipdesign und Hochfrequenzelektronik. Im Zuge dessen hat er einen innovativen Technologiedemonstrator eines Galliumnitrid-basierten Verstärkersystems (SSPA) realisiert.

Weitere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Fraunhofer IAF im Gespräch

 

»Die Idee, aus den kleinsten Teilchen einen Computer zu bauen, hat meinen Forschergeist geweckt.«

Kathrin König, Promovendin Quantencomputing 

 

»Es ist ein echter Durchbruch für die Halbleitertechnologie.«

Dr. Stefano Leone, Gruppenleiter Epitaxie

 

»Als Institutsleiter sehe ich mich dafür zuständig, dass die Menschen hier Freude an der Forschung haben, und wir Forschung auf höchstem Niveau betreiben können.«

Prof. Dr. Rüdiger Quay

 

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